Stakeholder-Management

Stakeholder-Management bzw. wie wir unsere SEO-Initiativen im Unternehmen durchsetzen.

Remi Stachowski | Veröffentlicht am 18.08.2022

Als erste Amtshandlung sollten wir eine Übersicht über die folgenden Punkte bekommen:

  1. Was ist unser Produkt?
  2. Wer sind unsere Kunden (insbesondere Target Group)?
  3. Was sind die aktuellen Distributionswege (u.a. Website, Google Ads, Instagram Shop etc.) inkl. Customer Journey?
  4. Wer hat Einfluss auf die zuvor genannten Punkte und wer sind die Entscheidungsträger im Unternehmen?

Mit Blick auf SEO dürfen wir nie vergessen, dass wir im Unternehmen im Normalfall selten eigenständig mit eigenem Budget, sondern funktionsübergreifend tätig und damit auf die Unterstützung beziehungsweise Ressourcen anderer Teams angewiesen sind. Das heißt insbesondere, dass wir mit anderen Teams (z.B. das Produkt- oder Redaktionsteam) zusammenarbeiten müssen und diese davon überzeugen müssen, ihre – letztlich auch nur begrenzten – Ressourcen für SEO-Initiativen aufzuwenden. Primäre Aufgabe von SEO-Verantwortlichen ist es daher, Stakeholder und Schlüsselpersonen (insbesondere C-Level) im Unternehmen für sich zu gewinnen und mögliche gemeinsame Ziele (win-win) zu identifizieren.

Stakeholder Map

Um zu identifizieren, wie wir uns mit den anderen Teams abstimmen können, was wir – aber auch die anderen Teams – erreichen wollen, wie wir eine gemeinsame Basis finden etc., müssen wir die Stakeholder, ihre Bedürfnisse und eventuell versteckte Ziele kennenlernen.

Um das zu vereinfachen und strukturiert darzustellen hilft uns ein Modell bekannt als die Stakeholder Map. Hier ist mein angepasstes Modell, basierend auf der Stakeholder Map von Ronald Heifetz, dem Gründer des Center for Public Leadership an der John F. Kennedy School of Government der Harvard-Universität:

Stakeholder Map
Stakeholder Map

In der Kommunikation liegt die Kraft.

Im nächsten Schritt sollten wir uns überlegen, wie wir unsere Prioritäten, Ziele und Aufgaben kommunizieren. Wir werden die anderen Parteien nicht mit trockenen SEO-Audits, Weiterleitungen oder Canonicals begeistern und auf unsere Seite ziehen können. Wir sollten hier von Potenzialen reden und konkrete Zahlen als “Lockmittel” nutzen. Die anderen Stakeholder müssen uns verstehen, um uns zu vertrauen. Wir sollten daher eine gemeinsame Sprache finden sowie gemeinsam Ziele identifizieren.

Wir müssen am Ende nicht unbedingt 1:1 dieselben Interessen verfolgen. Wir können aber vereinbaren, dass wir gemeinsam mit unseren Tätigkeiten auf ein übergeordnetes Ziel hinarbeiten wollen, was wiederum allen Interessen dient bzw. denen gerecht wird.

Sofern wir die vielen ungenutzten Potenzialen aufzeigen und diese mit den übergeordneten Zielen des Unternehmens oder anderer Teams verknüpfen, werden wir viel schneller mit der Unterstützung des C-Levels oder anderer Teams und der Bereitstellung entsprechenden Extraressourcen rechnen können. Wenn wir deren Ideen unterstützen, helfen sie wiederum unsere Projekte zu pushen. Dafür müssen wir unsere SEO-Prioritäten oder die Next Steps gegebenenfalls nur ein wenig anpassen, damit sie die Maßnahmen der Geschäftsführung oder der anderen Teams unterstützen.

Wenn zum Beispiel eines der Hauptziele des Unternehmens für dieses Jahr ist, die Umsätze im Bereich A zu stärken, sollten wir nicht mit einer neuen Seitenstruktur für internationale Märkte beim C-Level vorstellig werden. Ein informationeller Magazin zum Beispiel könnte auch den Bereich A stärken und somit auch gegenüber dem Management darstellbar sein.

Und wenn ein OKR ist, die interne Suche zu verbessern, werden niemanden unsere Canonical Tags oder hreflang Attribute interessieren. Wenn wir aber das Thema Indexierung angehen oder die Auswertung des Traffic und Keywords, nach denen die Nutzer suchen, könnten für alle Seiten sinnvolle Synergien entstehen. So könnten wir vielleicht die interne Verlinkung über die Vertaggung der Artikel stärken, neue Landing-Pages vorschlagen, vielleicht einige Filterseiten auf den Index setzen, index/noindex steuern und sogar die Canonicals aufräumen. Wir müssen nur die „Verknüpfung“ mit der internen Suche nachvollziehbar begründen und erklären, wie unsere auch für den SEO-Bereich sinnvollen Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der internen Suche beitragen.

Um in dieselbe Richtung zu gehen, müssen wir uns bei folgenden Punkten einig sei:

  1. Strategie
  2. Ziele
  3. Wissen über das Projekt und unseren Bereich (z.B. wie funktioniert SEO)
  4. Ressourcen

Mit den Begriffen Strategie und Ziele meine ich hier nicht unbedingt unsere SEO-Liste. Die meisten Stakeholder werden – leider – nicht heiß darauf sein, unsere SEO-Roadmap kennenzulernen. Die meisten Firmen werden dafür aber eine übergeordnete Strategie haben: sei es Mission und Vision, eine Marketing-Roadmap, OKRs oder KPI-Ziele für das konkrete Jahr. Wir müssen uns als SEO-Interessierte an diese Rahmenbedingungen anhängen und eine Ableitung für unsere Zwecke machen. Im Ergebnis müssen wir alle an einem Strang ziehen.

Empathie, Interesse und Offenheit ist dabei entscheidend.

Versuche Deine Gegenüber kennenzulernen. Wer sind sie? Was motiviert sie? Was sind deren Ziele? Vielleicht wäre das Informieren über LinkedIn, Xing, Google oder im firmeninternen System der erste Schritt? Finde gemeinsame Interessen, Ziele und versuche eine emotionale Verbindung aufzubauen. Im gewissen Sinne bedarf es hier einer Menge Soft Skills und einer gewissen „Diplomatie“.

Spreche die Sprache, die Deine Stakeholder verwenden und verstehen. Höre den anderen genau zu und verwende Begriffe und Formulierungen, die sie verwenden. Das wollen sie hören und fühlen sich dann verstanden! Paraphrasieren kann hierbei sehr helfen. Das Gefühl, sich gehört und verstanden zu fühlen und Recht zu haben, löst in unserem Gehirn Oxytocine aus. Auf diese Art und Weise fühlen sich unsere Gesprächspartner mehr mit uns verbunden. Wir können das Zusammenkommen nennen, wir können es aber auch taktische Empathie nennen. Die anderen zu spiegeln, deren Sätze zu paraphrasieren oder zusammenzufassen, was sie gesagt haben, gehört zu den wichtigsten Verhandlungstaktiken, die der ehemalige FBI Negotiator Chris Voss unterrichtet (https://www.masterclass.com/articles/how-to-use-tactical-empathy-to-negotiate). Wenn man die Gedanken aus der Sicht des Gesprächspartners formuliert, wird man effizienter Klarheit gewinnen und schneller Ergebnisse sehen.

Wir könne am Ende auch das älteste Zahlungssystem der Welt verwenden, also den Tauschhandel. Wir helfen Euch bei A und Ihr unterstützt uns bei B oder man einigt sich auf C. Bei dem Austausch mit den anderen Teams werden wir unsere Prioritäten anpassen müssen. Es macht keinen Sinn, starr auf der eigenen Liste zu beharren, wenn wir keine Verbündeten finden. Wir werden viel effizienter gute Ergebnisse erzielen, indem wir uns beispielhaft auf Priorität 2 konzentrieren und dabei die Unterstützung anderer Stakeholder bekommen als wenn wir bei unserer Priorität 1 bleiben und alleine an dieser Front (ver-)kämpfen. Man hat öfter mit dem internen Konkurrenz- bzw. (Ressourcen-)Verteilungskampf zu tun als einem lieb ist. Helfe Deinem Gegenüber (auch) seine Ziele zu erreichen.

Begründe, beweise und bringe Beispiele

Die dritte Taktik könnte sein, das zu nennen, was unsere Zielgruppe/unsere Nutzer glücklicher machen kann. Entweder argumentieren wir mit dem potenziellem Wachstum oder mit dem Vergleich zu anderen Wettbewerbern – je nachdem, was sie erreichen wollen. Das Problem hierbei ist, dass wir hier schwerer quantifizieren und mit Daten argumentieren können.

Euer Ansatz muss glaubwürdig sein. Aber keine Sorgen, Ihr müsst natürlich keine Versprechungen machen, die zu 100% sicher sind. Eine Prognose ist immer eine Schätzung, die auf – ggf. in der Zukunft nicht eintreffenden – Annahmen beruht. Das Management braucht allerdings in der Regel eine Schätzung bzw. eine Idee davon, was wir erreichen wollen und warum wir einen konkreten Punkt angehen. Glaube an Deinen Business Case und sei nicht ängstlich. In einem Jahr werden niemand mehr die konkreten Zahlen aus der Prognose interessieren, sondern die Erfolge und Misserfolge.

Vergesse dann nicht die SEO-Erfolge als gemeinsame Erfolge zu feiern und die Stakeholder zu motivieren, mit Dir einen Schritt weiter zu gehen.